Loveparade 2010

Veröffentlicht auf von Emily Cupcake

Oh man, ich hätte nie gedacht das es so endet.

Wir dachten uns, hey ist doch ne gute Idee, eine schöne Erinnerung, Pustekuchen!

Zwei Tage Krankenhaus, wegen Verdacht auf angebrochene Wirbel.

Aber das Schlimmste sind die Gedanken. Man hat überlebt, und man schämt sich dafür, weil 20 Leute nicht so viel Glück hatten wie man selbst.

Man ist Geschockt, und denkt: Das ist alles nur ein schlechter Traum gewesen.

Dann schaltet man den Fernseher ein und sieht alles vor sich, was man selber miterlebt hat. Es ist schrecklich!

 

Wir sind zu Neunt hingefahren. Wollten feiern, unsern Spaß haben.

Dann kamen wir in den Tunnel, dieses verfickten Tunnel!
Vincent, Hassan und ich standen auf der Rampe, zwischen Notfalltreppe und Belichtungssäule.

Wir sahen das die Treppe frei wurde und sind dann zusammen in die Richtung gelaufen, bis es auf einmal kein durchkommen mehr gab.

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Vor mir standen zwei Frauen, beide einen Kopf kleiner als ich.

Es wurde immer enger, sie begannen um Hilfe zu schreien und bekamen schlecht Luft. Ich hatte meine Cap dabei und fächelte ihnen Luft zu, wir versuchten sie zu beruhigen, und wenn sie die Augen zu machten, schlugen wir ihnen leicht auf die Wangen, damit sie sie wieder aufmachten.

Es war tierisch eng, so eng, dass man nicht mal mehr seine Arme nach oben heben konnte.

Man wurde millimeter in alle Richtungen gedrängt. Wir schrien im Chor "ZURÜCK", aber es half nichts.

Wir schaften es das eine Mädchen halb hochzuheben, aber weiter ging garnichts, kein Platz, für nichts. 

Leute spritzen Wasser über die Menge, damit es wenigstens etwas abkühlung gab.

Vincent stand neben mir und sagte mir das er mich liebt, das hat mir Kraft gegeben.

Irgendwann stand ich schräg nach hinten, zum grade stehen war kein Platz.

Und dann fielen sie. Die beiden Mächen vielen auf mich und ich hatte keinen Halt mehr.

Es zog mich nach unten, wo ich mit dem Rücken aufschlug, die Mädchen auf meinem Bruchkorb.

Es war schrecklich!

Über mir schloss sich die Menge, es wurde dunkel, überall nur Beine, keine Luft, nichts. Nur Beine und Dunkelheit.

Ich bekam keine Luft mehr, fing an zu weinen, wurde Panisch. Ich wollte nicht sterben, nicht hier nicht so!

Irgendwann wurde es vor meinen Augen dunkel, ich bekam einfach keine Luft.

Abgefunden mit dem Tod hatte ich mich schon....

 

Auf einmal wurde es hell, ich konnte wieder Atmen.

Ich öffnete meine Augen und sah, das alle Menschen, die vor mir standen, umgefallen waren. Die Mädchen waren von meiner Brust gerutscht. Die eine lag links neben mir, die Augen offen, sie redete.

Um uns herrum standen Sanitäter, Polizei und andere Gäste der Loveparade. Und es gab Platz, keine Ahnung wo auf einmal der Platz herkam, aber es gab Platz!

Die Leute fingen an, uns aus dem Pulk zu zerren. Leider waren sämtliche Beine verharkt. Man konnte mich und meine Nachbarin nicht rausziehen, zu viel Wiederstand, zu viel Schmerz.

Leute kamen, und goßen uns Wasser in den Mund.

Ich hatte Angst, das meine Beine absterben. Sie taten so unglaublich weh.

Über mir lag ein Typ. Als die Leute es schafften, ihn aus der Menge zu ziehen, schaffte ich es meine Beine anzuziehen und aufzustehen. Ich klammerte mich an meine Tasche.

Ein Polizist kam auf mich zu, packte mich am Nacken und gab mir die Anweisung zu Atmen. Ich schickte ihn weg, er solle lieber den anderen helfen, ich war draußen, ich hatte es schon überstanden. Er gab mir die Anweisung, die Rampe hoch, ins Obere Gelände zu gehen.

Benommen drehte ich mich umher, suchte Vincent. Er rief meinen Namen und ich sah ich auf mich zu gehen. Wir hatten uns. Zwei Gäste kamen, packten unsere Arme und drückten uns Brezelstücke in die Hand. 

Sie führten uns die Rampe hoch, drehten sich dann wieder um und liefen zurück, um den anderen zu helfen.

Wir setzten uns auf die nächste Grünfläche.

Überall lagen Leute mit Sanitätern und Gästen drumherrum, die sich um sie kümmerten. 

Immer wieder kamen Leute vorbei, boten uns etwas zu trinken an, aber ich hatte meine Tasche und in meiner Tasche befand sich noch eine 1,5 liter Flasche Wasser.

Ich bat Vincent um sein Handy und versuchte meine Mutter anzurufen. Ging nicht. Dann versuchte ich es bei meinem Vater. 

Es klappte, direkt beim ersten Mal.

Ich sagte ihm, er solle meiner Mutter bescheid sagen, und habe ihm kurz erzählt was los war, aber er hat es garnicht wirklich mitbekommen, ich klang einfach zu panisch und verheult.

Vincent erzählte mir, das Hassan es auch aus der Menge geschafft hatte.

Im vorbeigehen hörten wir Menschen über Tote reden, 10 stück. Aber nach so einem Erlebnis realisiert man das nicht direkt.

Wir liefen zurück, einfach weg, den Tunnel entlang. 

Die ganze linke Seite war vollgestellt mit Krankenwagen, überall Verletzt und Sanitäter.

Rechts liefen alle, die das Gelände so schnell wie möglich verlassen wollten, zu geschockt um etwas anderes zu wollen.

Vincent erreichte meine Mum, und wir verabredeten uns am Düsseldorfer Bahnhof.

Wir wollten zum Duisburger Bahnhof, aber da kamen wir garnicht an.

Auf der Straße fragten Leute, ob wir etwas genommen hätte, Heroin oder Teilchen. Ich war so dreckig und sah kaputt aus. 

Wir klärten die Leute auf und sie waren geschockt.

Wir kamen an einem Sanitätslager vorbei, und da mir mein Rücken weh tat, entschloss ich mich durchchecken zu lassen.

Sie sahen, das ich mir eine Prellung an meinen Wirbeln zugezogen hatte und beschlossen, mich ins Krankenhaus bringen zu lassen. Vincent machte Terz, weil er in einem anderen Teil war, und nicht zu mir durfte, bis der Krankenwagen kam, stand ein Sanitäter bei mir. Er hat mich weiter beruhigt, mit mir geredet, über Musik, über Konzerte.

Oft wurde gefragt, was passiert sei, und wie die Leute auf der Straße, waren auch die Sanitäter geschockt.

Vincent durfte mich dann aber ins Krankenhaus begleiten.

Ich wurde geröngt und später kam ich dann zu einem anderen Mädchen, das auch in dem Pulg war, auf ein Zimmer.

Unsere Freunde, Vincent und ihrer, durften über Nacht bleiben, sogar in unseren Betten schlafen.

Es gab die Befürchtung, meine Wirbel seien angebrochen, aber nach einem MRT stellte sich raus, das alles in Ordnung war und ich durfte gehen, nach knapp 2 Tagen aufenthalt.

 

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In Gedanken, an die, die auf der Loveparade nicht so einen großen Schutzengel hatten wie ich und es leider nicht überlebt haben. 
Ich danke den Sanitätern und Ärzten, die sich so gut um uns gekümmert haben, und auch der Polizei und den anderen Gästen, die zwar total überfordert waren, aber trotzdem geholfen haben wo sie nur konnten. 

20 souls rest in peace. 

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Ich danke den Sanitätern und der Polizei, die zwar überfordert waren, aber alles getan haben, was sie nur tuen konnten, und natürlich auch den anderen Gästen die uns allen geholfen haben.

 

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J
<br /> Das ist der Wahnsinn.<br /> Um ein Haar wäre ich dort hin gefahren Gott sei dank wollte mein freund nicht es war ihm zu warm!<br /> Wirklich als aussenstehender hat man so einschlechtest gewissen das man nicht helfen konnte ich dachte nur immer wieder wäre ich hingefahren hätte ich vieleicht helfen können auch wen es nur ein<br /> mensch gewesen wäre dem ich hätte heöfen können!<br /> Es ist einfach der Pure Wahnsinn was an diesem Tag dort passiert ist!<br /> Wirklich!<br /> <br /> <br />
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E
<br /> Oh du meine Güte... Ich wünsche dir, dass du das alles verarbeitest. Alles Liebe.<br /> <br /> <br />
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